„Six mois à Hambourg ou comment retrouver le Nord“

Bei der Mitgliederversammlung am 6. April 2017 berichtete der französische Generalkonsul Laurent Toulouse von seinen ersten Erfahrungen in Hamburg. Seinen Vortrag können Sie hier als PDF herunterladen.

„Ich freue mich, wieder vor Ihrer Versammlung zu sprechen. Sie sind der deutsch französische harte Kern in Hamburg und ein treues und aufmerksames Publikum, das ich immer gerne treffe. Ich weiß nicht, ob der umgekehrte Fall auch zutrifft. Ich danke jedenfalls Ihrem Präsidenten herzlich für die Einladung, zum Abschluss Ihrer Versammlung zu sprechen. Es ist eine Ehre für mich, die ich beim Blick in Ihr Programm und angesichts der Kompetenz, mit der Ihre Unternehmungen organisiert werden, sowie angesichts Ihres zivilen Engagements und persönlichen Einsatzes zu schätzen weiß.

Das für den heutigen Abend gewählte Thema kann überraschen. Vielleicht erwarten Sie einen Überblick über die deutsch-französischen Beziehungen, über Zukunftsszenarien einer EU 27 oder einen Bericht über die aktuelle Lage in Frankreich. Aber ich ziehe es vor, den Zeitraum vor den Wahlen, wo eine strikte Neutralität von Beamten gewährleistet sein muss, dafür zu nutzen, dass wir uns noch besser kennenlernen.

Der Ausdruck « retrouver le nord » hat eine besondere Konnotation. Abgeleitet vom gebräuchlicheren Ausspruch „perdre le nord“ im Sinne von „Orientierung verlieren“ bedeutet „retrouver le nord“ so viel wie: seine Orientierung wiederfinden, seinen rechten Weg wiederfinden.

Will ich etwa damit sagen, dass ich die Orientierung verloren habe, bevor ich hierher kam? Im persönlichen Bereich gäbe es dazu viel zu sagen. Wir leben in einer Zeit, die viele Selbstverständlichkeiten in Frage stellt! Aber ich werde Ihnen persönliche Fragestellungen ersparen und vor allem über drei Dinge sprechen, bei denen ich an „retrouver le nord“ – die Orientierung wiederfinden – denke:

Für mich bedeutet Hamburg die Rückkehr nach Deutschland, nachdem ich zuletzt vor 18 Jahren einen längeren beruflichen Aufenthalt in Deutschland verbracht hatte.

In Hamburg erlebe ich auch ein anderes Gesicht von Europa, nachdem ich vier Jahre in Prag gewesen bin.

Und schließlich ist Hamburg für mich gleichbedeutend mit der vollen Ausübung meines diplomatischen Handwerks.

Was gibt es weiteres zu diesen drei Punkten zu sagen:

Ich beginne mit dem ersten Punkt, der Rückkehr nach Deutschland. Vor 18 Jahren kam ich zu meinem ersten Aufenthalt in Deutschland als Diplomat. Bonn 1995-1998, unter Bundeskanzler Kohl: Es sind seine letzten Kanzlerjahre sowie die letzten Jahre der nach dem Krieg errichteten, französischen Botschaft am Rheinufer, die mehr Ähnlichkeit mit einer Stadtteilschule als mit einem Palast der Republik hatte.

Dort fungierte ich als Botschaftssekretär für Europäische Fragen. Diese Jahre waren erfüllt von Aufbruchsstimmung und Diskussionen: Der Fall der Mauer, die deutsche Vereinigung, die deutsche Einheit und die europäische Einheit, endlose Diskussionen über die Architektur Europas: europäische Konföderation, Föderales Europa, zwischenstaatliches Europa, Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten. Und die berüchtigte Netto-Zahler-Debatte, also die Frage, ob Deutschland nicht zu viel zahlt.

Ich sehe diese Jahre wie in einem Traum an mir vorüberziehen. Es war noch vor der Globalisierung, vorm 11. September, vorm Klimawandel, vor Putin, und in gewisser Weise vorm Front National.

Die Welt hat sich geändert seit dieser Zeit. Die Ambitionen einer europäischen Föderation scheinen erloschen, unsere Probleme sind heute globaler Natur, was auch bedeutet, dass wir nicht mehr zwischen inneren und äußeren Herausforderungen unterscheiden. Und trotz alledem lässt mich das Deutschland im Jahre 2016 oft ans Deutschland im Jahr 1996 denken.

Vor 18 Jahren sprach man schon vom Kerneuropa – in einem bereits sehr schwierigen, europäischen Kontext. Und nun ist dieses Thema wieder auf der Tagesordnung, Angela Merkel befürwortet ein Europa mit verschiedenen Geschwindigkeiten, was unterstellt, dass es einige Staaten gibt, die schneller sind und dadurch zu einem Kerneuropa oder zu einem aktiven und strukturierten Fundament Europas gehören würden.

Vor 18 Jahren sprach man von Deutschland als Zentralmacht in Europa. Und nun ist das Thema des Zentrums mit der Idee eines Deutschlands als Macht in der Mitte auf der Tagesordnung, was eine ganz besondere Verantwortung für Deutschland als Garant der europäischen Stabilität bedeuten würde.

Eine weitere Ähnlichkeit zwischen früher und heute drängt sich auf: mehrere Schockwellen durchliefen das Land nach 1989 mit der deutschen Einheit. Ich bin erstaunt über die Ähnlichkeiten bei den Freudenszenen im Sommer 2015 und denen im Herbst 1989. Mit 18 Jahren Abstand beobachte ich den gleichen politischen und gesellschaftlichen Elan, den Einsatz der Zivilgesellschaft und eine Mischung aus Idealismus und ökonomischer und sozialer Mobilisierung, was auch kurzfristig eine Veränderung des Landes bedeutet. So als bräuchte Deutschland eine Schocktherapie der besonderen Art, die in Europa ihresgleichen sucht, um sich aufrecht zu halten.

In diesem Deutschland entdecke ich die Politikkultur wieder, die ich in den Jahren 1995-1998 bewundert hatte, die von Zurückhaltung geprägt ist. Welch Reichtum stellt diese Zurückhaltung dar, in einer Zeit, die von verbalen Ausfällen, von Unbeständigkeit und Manipulationen der Tatsachen geprägt ist.

Ohne diese Zurückhaltung gibt es kein Zuhören, keinen Dialog, aber auch keine langfristigen Visionen und keine nachhaltige öffentliche Politik, die sich auf Konsens und Zustimmung durch die größtmögliche Anzahl an Menschen auszeichnet.

Der Zufall wollte es, dass ich kurz nach Henning Voscheraus Ableben in Hamburg eingetroffen bin. Was ich über ihn gelesen habe und was man mir von ihm berichtet hat, diente mir als Einführung in die Hamburger Geisteshaltung.

Ich sehe übrigens einen Zusammenhang zwischen dieser Politikkultur und der alltäglichen Erfahrung, die ich selber mache, denn Hamburg steht für mich vor allem für Menschen und Gesichter. Mich verblüfft der Sinn für Hilfsbereitschaft und zwischenmenschliche Unterstützung, die Sorge um den anderen. „Retrouver le Nord“ – bedeutet für mich auch die Höflichkeit und allgemeine Umgangsregeln wiederzufinden, die zeigen, dass man hier darüber nachdenkt, wie man das Zusammenleben organisiert.

Ich denke besonders an eine Begebenheit: das verbindliche Lächeln, das man in der Straße mit einer oder einem Fremden austauscht, wenn sich die Blicke in heimlichen Einverständnis kreuzen, weil man im gleichen Augenblick die gleiche Sache mit den gleichen Hintergedanken gesehen hat. Dieser im ersten Moment banalen Erfahrung kommt, meiner Meinung nach, eine grundsätzliche Bedeutung zu, denn ich kenne eine ganze Reihe von Ländern in Europa und auf anderen Kontinenten, wo das nicht möglich wäre. Wo das Lächeln auf missverständliche Art und Weise interpretiert und gewertet werden würde. „Retrouver le nord“ bedeutet also auch die Freiheit wiederfinden, die Intelligenz, die Freude am verbindlichen Lächeln. Man muss gar nicht miteinander sprechen, es dem anderen erklären: Jedem wird von vornherein mit Menschlichkeit begegnet, während einiger Sekunden, dann geht man seines Weges.

Es erscheint mir so, dass das Deutschland im Jahr 2016 im Vergleich zu 1996 seine « Willkommenskultur » verfeinert hat. Ich würde sagen, dass Deutschland diese perfektioniert hat. Wenn man sich die Tourismus-Statistiken ansieht, erhält man dafür die Bestätigung. Ihr Land ist zu einem der wichtigen Ziele für Reisende weltweit geworden.

Das ist ein großer Erfolg, denn die traditionellen Urlaubsländer charakterisieren sich nicht immer durch ihre Gastfreundschaft.
Daraus schließe ich: retrouver le nord, c’est retrouver l’Allemagne.

Ich habe ein Land wiedergefunden, das ich in der gleichen Form gekannt habe. Aber ich habe den Eindruck, dass sich Deutschland mit der Geste der Öffnung für die Flüchtlinge und Migranten vollendet hat. Natürlich war diese Geste auch aus ökonomischen Beweggründen motiviert und vielleicht sogar strategisch, aufgrund der Befürchtung eines kommenden, demographischen Schocks, wovon sich das soziale System nicht erholen würde. Aber ich glaube, dass es vor allem daran liegt, dass diese Politik einer Logik der deutschen Geschichte nach 1945 folgt.

Jetzt komme ich zu einer zweiten Erfahrung: von Prag nach Hamburg zu kommen, bedeutet auch, von einem Europa in ein anderes zu kommen. Das Mitteleuropa, das ich im Jahr 2016 verlassen habe, war nicht mehr dasjenige, das ich bei meiner Ankunft in 2012 vorgefunden hatte. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten ereignete sich die Flüchtlingskrise. Sie wissen, dass die Aufforderung Flüchtlinge aufzunehmen und die Kosten nach einem gerechten Schlüssel zwischen den europäischen Ländern zu verteilen, dort als Angriff und Bedrohung aufgefasst worden ist.

Alte Bilder sind wieder hochgekommen, solche von der Frontlinie im Angesicht des osmanischen Angreifers. Der ausländische Flüchtling oder Migrant wurde in diesem Teil Europas als Bedrohung wahrgenommen, der die physische Integrität des Territoriums und der ganzen Nation aufs Spiel setzt. Darum ist der Zusammenhalt zwischen diesen Nationen und der EU schwächer geworden. Denn für diese Binnenländer, ohne Küsten, ohne grenzüberschreitende Kooperationen, ohne koloniales Erbe, kommt die Gefahr von nun an auch aus Europa, angesichts der Forderung, die „Lasten“ zu verteilen. Für diese Länder ist Europa nicht mehr der Raum, in dem Sicherheit und Schutz garantiert wird, so wie zuvor versprochen.

Wie kann man sich einen stärkeren Gegensatz ausmalen, als den zwischen dieser so starken Identitätsbekräftigung und der „Willkommenskultur“, von der ich zuvor gesprochen habe? Selbstverständlich sind die Gegebenheiten komplexer als meine Darstellung. Und man darf auch diejenigen nicht vergessen, die in Budapest abwechselnd die Züge begrüßt haben und diejenigen, die in Prag gegen Fremdenfeindlichkeit protestieren.
Aber die politischen Tatsachen sind da und von Prag nach Hamburg zu kommen, bedeutet für mich, durch eine neue Tür zu gehen. Von der angstgetriebenen Krise bin ich zu einem Thema in der Gesellschaft gekommen: Wie soll man die Fremden integrieren, mit welchen Mitteln, welchen Instrumenten, mit welchen Zielen? Zwei Beispiele aus Hamburg illustrieren die Trennlinie zwischen Prag und Hamburg: im Sommer 2016 wurden die Bürger vom Senat aufgefordert freie Flächen in der Stadt zu identifizieren und man hat ganz normale Einwohner gesehen, die über verfügbare und wünschenswerte Flächen für die Unterbringung der Flüchtlinge nachgedacht haben; die von der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ eingesetzte „Ampel“, um damit die Umsetzung der städtischen Verpflichtungen bei den Fragen der Integration zu kontrollieren. Östlich der Elbe vielleicht noch undenkbar!

Das gibt mir die Überleitung zu meinem dritten und letzten Punkt. „Retrouver le Nord“ in Hamburg, bedeutet auch meiner Arbeit als Diplomat Sinn und Zweck zu verleihen. Sie kennen die Aufgaben eines Diplomaten: Repräsentieren, verhandeln, Informationen zusammentragen, Interessen schützen, die bilateralen Beziehungen fördern, Kommunikation vor Ort.
In meinem Beruf treffen diese Aufgaben in der Realität nur bei einer Gelegenheit zusammen: Wenn man Amtsleiter ist, also Botschafter oder Konsul. Erst in diesem Moment kommen sie in den vollen Genuss aller Seiten dieses Berufs. Sie sind in vorderster Linie. Aber es reicht nicht aus, Amtsleiter zu sein, um alle wichtigen Aspekte dieses Berufs entdecken zu können. Man benötigt auch gute Mitarbeiter, die aufeinander abgestimmt und motiviert sind.

Aber auch bei den Mitarbeitern hört es nicht auf! Man braucht auch einen guten Posten, „un bon poste“, wie es in unserem Jargon heißt, und zwar in einem Land, wo diplomatisches Handeln Sinn macht. Ich kann, liebe Freunde, hier in Hamburg alle nötigen Zutaten für ein erfülltes Diplomatenleben genießen.
Repräsentieren: Sie wissen, wie stark Hamburg seiner Tradition als Stadt-Staat verbunden ist. Daraus folgt, dass die Stadt ihre akkreditierten, nach Hamburg geschickten diplomatischen Vertreter mit Aufmerksamkeit und Höflichkeit behandelt. Und diese Tradition wird geteilt von den Schlüsselinstitutionen der Stadt. So ist das politische und soziale Leben nach wichtigen Terminen getaktet: die alljährliche Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg, das Matthiae Mahl, das Konsularische Dinner, und so weiter. Mir wurde sehr rasch ein Termin beim Ersten Bürgermeister angeboten, der auch, wie Sie wissen, der Bevollmächtigte im Bund für die deutsch-französischen Kulturbeziehungen ist, sowie mit dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein.
Und letztlich bei meinem Antrittsbesuch bei Präsidentin Carola Veit wurde die französische Fahne am Rathaus hochgezogen, einen ganzen Tag lang. Ein unvergesslicher Eindruck!
Ich hatte bereits Gespräche mit verschiedenen Senatoren, darunter die Senatoren Rabe, Horch und Brosda. An diesen Namen erkennen Sie meine Schwerpunkte: Bildung, Wirtschaft und Kultur, auf die ich gleich noch kurz zu sprechen komme.

Repräsentieren bedeutet auch, an wichtigen, diplomatischen Ereignissen teilzunehmen. In diesem Bereich spielt Hamburg in der ersten Liga mit. Nach dem OSZE-Gipfel im Dezember 2016, folgt der G20 im Juli. Daneben gibt es noch die Messe der maritimen Wirtschaft SMM, die der erneuerbaren Energie gewidmete Wind-Energy-Messe sowie die Messe Aircraft Interiors Expo Hamburg, die internationale Ausstellung rund um Flugzeuginnenausstattung, einer Besonderheit des Luftfahrtclusters in Hamburg. Auch Frankreich nimmt daran teil und ich besuche gerne die Stände unserer Aussteller. Ich pflege auch die Beziehungen zu anderen Institutionen, so wie die Führungsakademie der Bundeswehr, das Institut für berufliche Weiterbildung und auch zu den Vertretern der Religionsgemeinschaften, besonders zur lutherischen und katholischen Kirche, deren Repräsentanten in Hamburg anziehende und vielleicht unterschätzte Persönlichkeiten sind. Gegenüber dem einen oder anderen vergesse ich nicht, dass ich Frankreich repräsentiere und nicht nur seine Autoritäten.
Verhandeln: Eine große Überraschung hat mich im September erwartet, nämlich das Projekt eines deutsch-französischen Gymnasiums, nach dem Modell des Gymnasiums in Saarbrücken. Eine schöne Idee und ein kühnes Projekt, denn man kann nicht sagen, dass Hamburg eine für ein solches Projekt typische Stadt darstellt. Damit möchte ich ausdrücken, dass Hamburg weder Grenzstadt noch aus historischen Gründen besonders Frankreich zugewandt ist.
Nichtsdestotrotz hat die Idee einer deutsch-französische Ausbildung, in Anlehnung an die Systeme und Unterrichtsmethoden unserer beiden Länder, den Ersten Bürgermeister überzeugt. Auch die französischen Behörden unterstützen dieses Projekt, das anspruchsvoll und schwer umzusetzen ist. Es benötigt viele Erklärungen und Dialog zwischen Lehrkräften und Eltern. Diese Ausbildung wird den Schülern nicht nur einen sprachlichen Vorteil bringen, sondern auch interkulturelle Kompetenzen. Das ist für unsere jungen Leute ein entscheidender Faktor. Aber es ist auch ein hoher Anspruch, französische und deutsche Klassen miteinander zu vereinbaren. Man sieht es an den Einrichtungen im Ausland, wo die Schüler innerhalb ihrer sprachlichen Community bleiben und sich nicht miteinander vermischen.

Informationen zusammentragen: eine der wichtigsten Aufgaben eines Diplomaten. Ein Diplomat bedient sich dabei öffentlich zugänglicher Informationen, er spioniert nicht. Jedenfalls kein französischer Diplomat! In Zeiten von manipulierten und zugleich sehr unzureichenden Informationen ist diese Aufgabe maßgeblich. Mein Aufenthalt in Hamburg ist in dieser Hinsicht eine wahre Freude, denn Deutschland ist ein Vorbild in Sachen öffentlicher Informationszugang. Liebe Freunde, zweifeln Sie nicht daran, Ihre Nation beweist jeden Tag aufs Neue, dass sie Reife und demokratische Vorzüglichkeit besitzt, indem sie über sich selbst auf allen Ebenen, sei es Bund, Länder, Parteien, Vereine, Kommunen oder Kirchen, Auskunft gibt. Diese Weitergabe von Informationen ist einer der Schlüssel für Ihre demokratische Reife, denn nur auf dieser Grundlage kann man den Austausch und die Verständigung pflegen und sie stellt so das demokratische Fundament für staatliche Politik dar. Und Hamburg als Stadtstaat ist ein Beispiel für die Verbindung zwischen Information und öffentlicher Politik: ich denke an all das, was in den folgenden Bereichen bewegt wird: erneuerbare Energie, Empfang von Flüchtlingen, Stadtplanung, Inklusion, und so weiter.

In diesem Zusammenhang obliegt es mir, die Interessen Frankreichs zu schützen. Das ist ein grundlegender Auftrag eines Diplomaten. Sie werden mich fragen, ob die Interessen Frankreichs in Hamburg bedroht sind. Nicht dass ich wüsste. Aber wenn man genauer hinsieht, dann findet man doch einen Bereich, der Aufmerksamkeit verdient: die französische Sprache. Sprachunterricht und das Beherrschen der französischen Sprache sind in den letzten 15 Jahren stetig zurückgegangen. Das trifft auch für das Deutsche in Frankreich zu. Unsere beiden Länder haben also ein gemeinsames Interesse daran, sich einander gegenüber anspruchsvoll zu verhalten. Eine ganze Abteilung in der Französischen Botschaft in Berlin widmet ihre volle Arbeitskraft der Förderung der französischen Sprache in Deutschland, ebenso wie eine meiner Mitarbeiterinnen – unsere Sprachattachée in Hamburg, Chantal Junot. Aber an diesem Beispiel sehen Sie auch wie ungenau die Grenze zwischen unseren zu schützenden Interessen, der Förderung der Interessen und der Förderung der bilateralen Beziehungen ist. Alles gehört zusammen. Zumindest ist das meine Philosophie. Sie können nicht die französische Sprache schützen und fördern, wenn Sie nicht zugleich ihrem Partner zuhören, wenn Sie nicht dessen Anliegen verstehen, dessen Erwartungen, wenn Sie nicht die Anstrengungen kennen, die der andere unternimmt, um die französische Sprache zu fördern.

Ein gutes Mittel, um die französische Sprache und auch Frankreich zu fördern, ist selbstredend die Kultur. Und ich habe das Glück, als Direktor des Institut français in diesem Bereich aktiv sein zu können. Eine Verantwortung, die ich nur mit der vollen Unterstützung eines Teams ausüben kann. Diese ersten Monate in Hamburg erlaubten mir, einen in dieser Hinsicht anderen beruflichen Stil zu entdecken. Den der „Kulturmacher“, wie man so sagt. Dabei denke ich besonders an meine drei Mitarbeiter, die Sie alle kennen, und die ich hier namentlich nennen möchte, denn sie tragen das Kulturprogramm in der Heimhuder Straße 55: Jean-Pierre Ostertag, Sophie Udave und Brigitte Zinke.

In der Tat bin ich ein gemischter Konsul – zugleich offizieller Vertreter Frankreichs und Direktor eines Kulturinstituts. Diese besondere Aufgabenaufteilung ist das Resultat einer Umstrukturierung des französischen Netzwerks im Ausland. Frankreich wünscht, den sich entwickelnden Ländern mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, und zugleich seine Präsenz in den wichtigen Weltmetropolen zu stärken. Dafür hat mein Land neue Strukturen geschaffen, die von administrativen und konsularischen Aufgaben befreit sind. Diese neuen Stellen können überwiegend kultureller, wirtschaftlicher oder politischer Natur sein. Sie haben sicherlich gemerkt, dass der Generalkonsul von Frankreich in Hamburg an allen Fronten kämpfen muss – während er zugleich für die Franzosen in Hamburg und Schleswig-Holstein zur Verfügung steht, vor allem, um die französischen Wahlen zu organisieren.
Diese schöne Vielseitigkeit habe ich in den ersten sechs Monaten seit Amtsantritt erfahren. Sie hilft mir dabei, auf den rechten Weg zurückzukommen, Sinn und Zweck meines Berufs wiederzufinden oder „elle me permet de retrouver le nord“.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.“

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