Rundschreiben 1/2021

Hamburg, 11. April 2021

Rundschreiben 1/2021

Chères Clunisiennes et chers Clunisiens,

es ist schon lange her, dass ich mich per Brief bei Ihnen gemeldet habe. Leider habe ich noch nicht viel zu bieten, aber ich bin zuversichtlich, dass die Pandemie mit den sonnigeren Tagen (und den Impfungen!) nachlassen wird!

Bis dahin sind Veranstaltungen leider nur digital möglich. Im Rahmen der Tage des Exils (Programm auf www.tagedesexils.de) wollen wir am 21. April  Herrn Prof. Dr. Udo Köster per ZOOM folgen, wenn er uns über „Die emigrierten Heine-Denkmäler“ referieren wird. Bitte melden Sie sich unbedingt an (Infos s. Einladung). Wenn Sie Cluniazenser*innen um sich herum vermissen, können Sie jemand zum Vortrag einladen! Eine Person ist erlaubt und viele unter uns sind geimpft.

Traditionell besucht der jeweilige französische Generalkonsul unsere wichtigsten Veranstaltungen, und Cluny-Mitglieder haben die Möglichkeit ihn kennenzulernen. Da es bis jetzt nicht möglich war, habe ich den neuen Generalkonsul Tristan Fabiani-Pradeilles um eine Unterredung gebeten. Er hat mich am 11. März im Institut français empfangen und meine Fragen sehr freundlich und bereitwillig beantwortet. Wir saßen in gebührendem Abstand an zwei Tischen, das Diktaphon lag zwischen uns.

Konsul Tristan Fabiani-Pradeilles
Französischer Generalkonsul Tristan Fabiani-Pradeilles

Ich frage ihn gleich nach seinem Doppelnamen, in Frankreich eine relative Seltenheit. Seine Mutter Fabiani (Betonung auf der vorletzten Silbe) ist Korsin und sein Vater Pradeilles aus den Cevennen in Südfrankreich. Seine Eltern wollten diese beiden Wurzeln sichtbar machen. Herr Fabiani-Pradeilles fühlt sich Korsika sehr verbunden und verbringt gern seine Ferien auf der Insel. Geboren ist er allerdings vor 43 Jahren in Grenoble und besucht da das internationale Gymnasium. Dank verstärkten Deutschunterrichts fängt er an seine Liebe zur deutschen Kultur zu entwickeln. Aber zunächst frönt er der französischen Poésie des XIX° Jahrhunderts: Verlaine, Rimbaud, Baudelaire und Lautréamont. Er verfasst die Abschlussarbeit seines Studiums über Henri Michaux und wird «professeur de lettres modernes». Mit 25 Jahren widmet er sich einer tiefgreifenden Beschäftigung mit der historischen, politischen, technischen und kulturellen Dimension der Europäischen Union, wobei ihn besonders die zentrale Rolle von Deutschland und Frankreich interessiert.

Nach einem erneuten Studium wird er Diplomat und arbeitet ab 2011 im Quai d’Orsay, dem Außenministerium. Unter anderem wird er mit afrikanischen Fragen betraut, was ihn mit der Vergangenheit seines Großvaters mütterlicherseits verbindet; dieser hatte 30 Jahre in der Region Haute-Volta, im heutigen Burkina-Faso, in der «Administration coloniale» gearbeitet. Tristan Fabiani-Pradeilles Neigung für Deutschland kann er in Berlin und Düsseldorf vertiefen; schließlich wird er politischer Berater bei der französischen Botschaft in London. Seine nächste Station ist Hamburg! Als er gemerkt hatte, dass ein Posten in Hamburg vakant wurde, habe er nicht gezögert!

Ich möchte wissen, was ihn an Hamburg reizte, er antwortet Folgendes:
Von der Stadt habe er gehört, sie sei lebendig, abwechslungsreich und fesselnd. Und dann der Hafen! Dieser suggeriere Bilder von Öffnung zur Welt, von Völkermischung und zugleich Geheimnissen! Der Herr Generalkonsul reflektiert über für den Raum, den der Hafen in der Stadt einnimmt, über die Herausforderungen der Stadtplanung, über die Umgestaltungspläne und darüber, wie ein Gleichgewicht in der Beziehung zwischen Stadt und Hafen erreicht wird. Diese Überlegung spiegelt die Dynamik wider, die derzeit in Frankreich stattfindet, denn die französische Regierung will den Häfen einen neuen Platz einräumen, indem sie dort Strukturen entwickelt die für französische und ausländische Wirtschaftsinvestitionen und auch für zukunftsträchtige Forschungsprojekte offener sind.

In diesem Zusammenhang wird von der weltoffenen Stadt Hamburg der Universität einen höheren Stellenwert einräumt, in dem sie in Forschung, Innovation und in die Verbindung zwischen der Universität und anderen Bereichen investiert.

Herr Fabiani-Pradeilles möchte noch erwähnen, dass sich die Kultur dynamisch in die Stadt integriert. Kurz vor dem Lockdown hatte er die Chance die Elbphilharmonie zu besuchen, aber auch andere Institutionen wie Kampnagel findet er faszinierend. Die Frage der Verbindung der Kultur mit der Gesellschaft und die starke Bereitschaft, auf die Menschen zuzugehen um sie in kulturelle Räume zu bringen, interessieren ihn.  In Hamburg gibt es eine Kultur der Toleranz und des politischen Engagements sowie der Sensibilität für soziale Fragen, die dazu führen, dass die Kultur hier mit einer etwas anderen Nuance betrachtet wird als in anderen Städten.

Ich frage den Herrn Generalkonsul nach seiner Arbeit in Coronazeiten.
Wie erwartet ist es schwierig. Derzeit bereitet er mit seinem Team das Filmfestival der Frankophonie vor, das normalerweise im Mai stattfinden soll (wenn nicht, dann im September).  Dem Hamburger Publikum werden Filme aus den Mitgliedsländern angeboten. Dieses Jahr ist Tunesien Gastgeber des frankophonischen Gipfels.

Aber besonders ist dieses Jahr der 70. Geburtstag des Institut français, der im Juni mit einem Festakt in Anwesenheit der Botschafterin Anne-Marie Descôtes gefeiert wird. Auch der erste Bürgermeister Peter Tschentscher wird das Wort ergreifen. Dies wird ein privilegierter Moment sein, der zeigt, dass das Französische Institut in die Landschaft der Hamburger Kultur integriert ist.

Darüber hinaus versucht das Institut sich auf vielfältige Weise aktiv am kulturellen Leben Hamburgs zu beteiligen, indem es sich in das von Hamburg vorgeschlagene Kulturprogramm integriert, zum Beispiel in die „Lange Nacht der Museen“ oder die „Lange Nacht der Konsulate“.

«- Monsieur le Consul général, ich danke Ihnen für das Gespräch.»
«- Ich habe zu danken, denn damit geben Sie mir die Möglichkeit, mich den Cluny-Mitgliedern vorzustellen.»

Im nächsten Rundbrief werde ich hoffentlich wieder Präsenzveranstaltungen ankündigen können.


Bis dahin: Restez en bonne santé!
Bien cordialement.

Irène Drexel-Andrieu

 

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